Folgen von Mobbing

Wie Mobbing Körper, Seele und Identität verändert

Frau leidet unter den Folgen von Mobbing

Mobbing kann nachhaltige psychische und körperliche Folgen haben. Dies gilt sowohl für Schüler und Jugendliche als auch Erwachsene im Berufsleben.

Lesedauer 7 Min.
Psychische Belastungen
Thema: Schule
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Betroffene von Mobbing erleben einen Zustand ständiger Anspannung und Unsicherheit. Das Klima aus Angst, Ohnmacht und sozialer Isolation wirkt langfristig auf Persönlichkeit, Gesundheit und soziale Beziehungen. Je nach Situation können daraus auch Folgen für den weiteren schulischen oder beruflichen Erfolg entstehen.

Hinzu kommt, dass psychische Verletzungen bestehen bleiben können, selbst wenn das Mobbing bereits beendet ist. Misstrauen sowie das Gefühl von Hilflosigkeit und Wertlosigkeit halten oft deutlich länger an.

Emotionale Folgen von Mobbing

Seelische Verletzungen sind unsichtbar

Die emotionalen Folgen von Mobbing sind sehr belastend. Betroffene erleben wiederkehrende Gefühle von Angst, Scham, Wut, Ohnmacht und Hilflosigkeit. Da die Möglichkeit fehlt, sich selbst aus der Situation zu befreien, kann die dauerhafte emotionale Belastung zu einem anhaltenden Zustand werden. Es entsteht das Gefühl, dass das eigene Handeln wirkungslos bleibt.

Mobbing führt häufig zu einer Art innerer Zerrissenheit: Betroffene möchten dazugehören, ziehen sich aber gleichzeitig zurück, um sich zu schützen. Dieser Widerspruch kann zu Unsicherheit und einem verzerrten Selbstbild führen – etwa durch übermäßige Selbstkritik oder das Gefühl, „nicht gut genug“ zu sein.

Die Gesamtsituation verursacht Stress, wodurch Denken, Lernen und Konzentration beeinträchtigt werden.

Mobbing in der Kindheit kann ein Risikofaktor für spätere psychische Erkrankungen sein, etwa Depressionen oder Angststörungen.

In diesem Sinne ist Mobbing eine Form dauerhafter emotionaler Überforderung. Betroffene versuchen oft, sich anzupassen oder unsichtbar zu werden, was sich zunehmend negativ auf den Selbstwert auswirkt. Viele berichten von innerer Leere, sozialer Angst oder der Überzeugung, keine Kontrolle über ihr Leben zu haben.

Diese emotionale Last erschwert es, positive Erfahrungen zu machen oder Vertrauen aufzubauen. Je länger das Mobbing andauert, desto stärker verfestigt sich die Angst, erneut verletzt zu werden. Solche Folgen können auch nach Ende des Mobbings, etwa nach einem Schul- oder Arbeitsplatzwechsel, bestehen bleiben.

Emotionale Anzeichen wie Angst, Trauer oder Rückzug sind kein Zeichen von Schwäche, sondern eine Folge des Mobbings.

Körperliche Folgen von Mobbing

Mobbing wirkt sich auch auf den Körper aus. Die Betroffenen leben in einem Zustand ständiger Alarmbereitschaft. Der erhöhte Stresspegel führt zur Ausschüttung von Stresshormonen, die Schlaf, Kreislauf und Stoffwechsel beeinträchtigen können.

Psychosomatische Symptome sind ebenfalls häufige Begleiterscheinungen. Betroffene klagen über Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Übelkeit, Appetitlosigkeit oder Herzrasen – ohne dass eine körperliche Ursache gefunden werden kann. Diese Symptome sind Ausdruck des inneren Drucks, dem die Opfer von Mobbing ausgesetzt sind. Typische Beispiele sind:

  • Wiederkehrende Kopf-, Bauch- oder Rückenschmerzen ohne medizinischen Befund
  • Schlafstörungen oder ständige Müdigkeit
  • Appetitlosigkeit oder deutliche Gewichtsveränderungen
  • Herzklopfen, Zittern oder Atemprobleme in Stresssituationen
  • Chronische Erschöpfung und Leistungseinbrüche

Besonders bei Kindern sind körperliche Beschwerden oft ein Ausdruck seelischer Belastung. Viele Betroffene können ihre Angst oder Scham nicht in Worte fassen, doch die körperlichen Symptome lassen sich nicht verbergen.

Auswirkungen auf Selbstwert und Identität

Mobbing prägt auch das Selbstbild. Menschen übernehmen häufig unbewusst das Bild, das andere von ihnen zeichnen. Wer regelmäßig abgewertet oder verspottet wird, verinnerlicht diese Zuschreibungen. Das schwächt langfristig das Vertrauen in die eigene Kompetenz. Wichtig ist daher: Lassen Sie sich nicht einreden, weniger wert zu sein.

Hier spielt familiäre Unterstützung eine zentrale Rolle. Die Familie kann ein wirkungsvoller Gegenpol zu den Mobbingerlebnissen sein. Kinder, die erleben, dass sie trotz Fehlern und Schwächen angenommen werden, können ihr Selbstbild wieder „geraderücken“. Sie brauchen Erwachsene, die ihnen zeigen, dass ihr Wert nicht von der Meinung anderer abhängt. Eine klare, wertschätzende Rückmeldung kann das Gegengewicht zu Monaten oder Jahren der Abwertung sein.

Soziale Folgen und Isolation

Viele Betroffene versuchen, Mobbing zu entkommen, indem sie sich zurückziehen, um weiteren Angriffen zu entgehen. Das mag kurzfristig entlasten, führt langfristig jedoch zu sozialer Isolation. Der Selbstschutz wird so paradoxerweise zu einer erneuten Form von Ausgrenzung. Diesmal nicht durch andere, sondern durch Rückzug aus Angst vor erneuter Verletzung.

Diese Isolation verhindert zugleich positive Erfahrungen, die für Selbstwert und Vertrauen wichtig wären. Auch hier kann die Familie entscheidend helfen: Nähe, Akzeptanz und Unterstützung können helfen, die Isolation zu durchbrechen. Fehlt dieser Rückhalt, kann sich das Gefühl von Einsamkeit und Entfremdung verstärken.

Langzeitfolgen und Risiken

Langzeitfolgen von Mobbing sind häufig ein erhöhtes Risiko für Depressionen, Angststörungen, soziale Phobien oder posttraumatische Belastungsstörungen. Das bedeutet nicht, dass alle Betroffenen darunter leiden, aber das Risiko, im Laufe des Lebens psychisch zu erkranken, ist erhöht.

Konkrete Prognosen sind schwierig, doch häufig zeigen sich langfristige Auswirkungen auf Beziehungen und berufliche Entwicklung. Manche Betroffene neigen zu Konfliktvermeidung, was dazu führen kann, erneut in die Rolle des Opfers gedränkt zu werden.

Wichtig ist, das Erlebte zu verarbeiten, selbst wenn es lange zurückliegt. Sprechen Sie über Ihre Erfahrungen: Das hilft, das eigene Verhalten besser zu verstehen und seelische Wunden zu heilen. Mobbing endet nicht mit dem letzten Angriff, sondern erst, wenn Betroffene gelernt haben, sich vom Erlebten nicht weiter bestimmen zu lassen.

Redaktionelle Bearbeitung: Benjamin Slezak
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