Alkohol Rückfall

Wenn ein Alkoholiker wieder trinkt

Alkoholikerin hat einen Rückfall

Viele, die den Schritt in ein abstinentes Leben geschafft haben, fallen nach einiger Zeit wieder in alte Trinkmuster zurück. Die Rückfallgefahr begleitet sie ein Leben lang. Zwar sinkt das Risiko kontinuierlich, aber selbst nach Jahren der Abstinenz kann die Abhängigkeit wiederkehren.

Lesedauer 12 Min
Thema Alkoholismus
Zielgruppe Betroffene
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Letzte Aktualisierung:

Der Weg aus einer Suchterkrankung ist lange und mühsam. Früher oder später kann es dabei auch zu Rückfällen kommen. Doch wie damit umgehen? Viele trockene Alkoholiker und Angehörige sehen darin zunächst einen Rückschlag und sind enttäuscht, weil man das große Ziel Abstinenz nicht erreichen konnte.

Tatsächlich benötigen die meisten Alkoholkranken mehrere Anläufe bis eine lebenslange Abstinenz erreicht wird. Ein Rückfall ist also keine Katastrophe, sollte aber aufgearbeitet werden.

Ein Rückfall sollte immer ernst genommen werden – ein Grund enttäuscht über das eigene „Scheitern“ zu sein ist er jedoch nicht. Kaum jemand erreicht das Ziel der lebenslangen Abstinenz beim ersten Versuch. Rückfälle können auch Teil des Heilungsprozesses sein. Sie sind Zeichen einer Veränderung. Die Frage ist: eine Veränderung in welche Richtung? Er kann ein Schritt zurück in die Abhängigkeit sein – oder auch eine Mahnung, in Zukunft vorsichtiger zu sein.

Rückfälle sollten auf jeden Fall aufgearbeitet werden. Ist er einmal passiert, sollte man das Beste daraus machen. Sehen Sie ihn nicht als Zeichen von Schwäche, sondern als Herausforderung: Der Rückfall war ein Hinweis, dass Sie noch nicht so gefestigt sind, wie Sie vielleicht dachten.

Besonders nach langen Phasen der Abstinenz kann es unvermittelt zu Rückfällen kommen. Nach Jahren ohne Alkohol stellt sich das Gefühl „es geschafft zu haben“ ein – man wird unvorsichtig, geht unnötiges Risiko ein.

In der Regel geht einem Rückfall ein „süchtiges Verlangen“, der Suchtdruck, voraus.

Einmaliger Rückfall Alkohol

Aus der Sicherheit, das Trinkverhalten wieder unter Kontrolle zu haben, unterschätzen viele die Gefahr auch nur eines einzelnen Getränkes. Was kann schon an einem Glas Bier so schlimm sein? Früher hat man ja noch sehr viel mehr getrunken und man hätte doch gelernt, „Nein“ zu sagen. Das Problem an der Sache: So einfach funktioniert es nicht.

Das erste Getränk ist dann häufig mit einem schlechten Gewissen verbunden. Womöglich ist damit eine lange Phase der Abstinenz zu Ende gegangen. Für den trockenen Alkoholiker ist es ein Zeichen: Man hat es wieder nicht geschafft. Die Versuchung war doch wieder stärker. Die ganzen Mühen, die Therapie, die guten Vorsätze, sie alle waren umsonst und haben nicht geholfen. Man hat sein Ziel wieder nicht erreicht.

Anstatt die vergangenen Wochen oder Monate als Erfolg wahrzunehmen, steht nun der Gedanke gescheitert zu sein im Vordergrund. In Folge wird häufig mit dem Argument „Jetzt ist es auch schon egal“ ein zweites und drittes Getränk geleert. Von hier aus ist es nun nur mehr ein kurzer Weg zurück in das alte Trinkverhalten. Man sieht sich als „hoffnungslosen Fall“, der es „ohnehin nie schaffen wird“.

Ein Rückfall bedeutet nicht, dass man wieder von ganz vorne beginnen muss.

Dabei können solche Ausrutscher einfach auch nur das sein, was sie sind – eben Ausrutscher. Ja, es kann sich durchaus um einen einmaligen Fehler gehandelt haben, der nicht automatisch in einen Rückfall mündet. Die Erkenntnis, dass ein Glas nicht gleich eine totale Niederlage bedeuten muss, macht Mut, auch nach einer Entgleisung das Ziel „Abstinenz“ weiter zu verfolgen.

Egal, ob man einen einmaligen Ausrutscher nun als Rückfall betrachtet oder nicht: Es kann ein Schritt in beide Richtungen sein. Es kann die Rückkehr in die Abhängigkeit bedeuten oder auch nur ein Stolperstein auf dem Weg in ein selbstbestimmtes, alkoholfreies Leben sein. Bei einmaligen Fehlern gilt es, die Erfahrungen und Ursachen aufzuarbeiten und in die Therapie einfließen zu lassen.

Man sollte den einmaligen Ausrutscher jedoch auf keinen Fall ignorieren oder herunterspielen. Jeder Konsum, egal welcher Menge, birgt das Risiko eines Rückfalls.

Arten des Rückfalls

Typ

Beschreibung

Enge Rückfalldefinition

Strenggenommen ist jeder Konsum von Alkohol nach einer Phase der Abstinenz ein Rückfall. Die enge Rückfalldefinition macht es sich einfach: Wer trinkt, ist rückfällig.

Trockener Rückfall

Der trockene Rückfall ist eine Rückkehr zu alten Gewohnheiten und Verhaltensmustern, ohne jedoch Alkohol zu konsumieren.

Dies kann zum Beispiel bedeuten, dass der abstinente Alkoholiker wieder sein altes Stammlokal besucht, frühere Trinkkumpanen trifft oder sich bewusst Risikosituationen aussetzt.

Der trockene Rückfall kann aber auch auf emotionaler Ebene stattfinden. Etwa wenn frühere Gefühlsschwankungen, Gereiztheit oder ständige schlechte Laune zurückkehren. Natürlich bedeuten vereinzelt auftretende Stimmungslagen oder Verhaltensweisen keinen trockenen Rückfall. Treten sie jedoch gemeinsam und regelmäßig auf, besteht Grund zur Sorge. Ein trockener Rückfall erhöht das Risiko eines schweren Rückfalls erheblich.

Fehltritt

Manchmal passiert ein einmaliger „Ausrutscher“, beispielsweise ein alkoholisches Getränk. Der Fehltritt ist kurzzeitig und ein einmaliger Vorfall, nachdem man wieder in die Abstinenz zurückkehrt. Es empfiehlt sich, die Ursachen und Gründe zu reflektieren und im Rahmen der Therapie aufzuarbeiten. Einem einzelnen Fehltritt muss also nicht unbedingt ein Rückfall folgen.

Schwerer Rückfall

Der schwere Rückfall stellt die Rückkehr in alte Trinkgewohnheiten dar. Das Trinkverhalten ist in Menge, Häufigkeit und Dauer vergleichbar mit dem Konsum vor der Abstinenz.

Schleichender Rückfall

Zu Beginn steht der Versuch, kontrolliert zu trinken. Anfangs funktioniert der eingeschränkte Konsum scheinbar, doch allmählich kehrt das alte Trinkverhalten zurück. Das Ausmaß des Alkoholkonsums steigt stetig und mündet schließlich wieder in der bewältigt geglaubten Abhängigkeit.

Rückfallquote Alkohol

Die Rückfallquote ist bei Alkoholikern relativ hoch und beträgt etwa 70% - 90%. Zunächst ist das ein erschreckend hoher Wert, doch was bedeutet er genau?

Sie sollten sich von der hohen Rückfallquote bei Alkohol nicht abschrecken lassen. Tatsächlich ist sie eine Zahl mit relativ wenig Aussagekraft für Ihre persönliche Situation. Bei der Behandlung der Alkoholsucht wird großer Wert auf Rückfallprophylaxe gelegt. Der Grund dafür ist einfach: Rückfälle sind Teil der Krankheit. Es wäre schön, wenn alle Alkoholiker ihre Sucht überwinden könnten, ohne jemals rückfällig zu werden – allerdings ist es unrealistisch.

Eine hohe Rückfallquote bedeutet nicht, dass ein alkoholfreies Leben unmöglich wäre. Sie macht aber deutlich, dass es womöglich nicht beim ersten Versuch klappen wird.

Viel wichtiger ist, dass man auch nach einem Rückfall in ein stabiles, abstinentes Leben zurückfinden kann.

Halten Sie sich auch vor Augen, dass die Rückfallquote keine Wahrscheinlicht für einen Rückfall angibt. Die Sichtweise, dass Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder rückfällig werden, ist falsch: Sie sind ein Einzelfall und können Ihre persönliche Wahrscheinlichkeit selbst bestimmen.

In anderen Worten: Mit den richtigen Maßnahmen und ein wenig Unterstützung können Sie Ihr persönliches Rückfallrisiko senken.

Die Rückfallquote ist also nur ein statistischer Kennwert, dem Sie wenig Beachtung schenken sollten. Versuchen Sie stattdessen, Ihre persönlichen Risiken zu verringern und suchen Sie sich rechtzeitig Unterstützung. Denn egal wie hoch die Rückfallquote bei Alkohol auch ist: Sie wäre deutlich niedriger, wenn jeder Betroffene die richtige Hilfe erhalten hätte.

Warnsignale für einen Rückfall

Natürlich möchte man Rückfälle vermeiden. Tatsächlich treten vor Rückfällen bestimmte Verhaltens- und Gedankenmuster auf, welche Ihnen helfen können sich der Rückfallgefahr

Rückfälle können sich auf unterschiedliche Weisen ankündigen:

Körperliche Warnsignale

Achten Sie auf die Signale Ihres Körpers. Zu den Symptomen, die einen bevorstehenden Rückfall ankündigen, zählen:

  • Unruhe
  • Zittern
  • Herzklopfen
  • Schweißausbrüche
  • Durstgefühl
  • Schlafstörungen

Suchtkranke haben gelernt, Entzugserscheinungen durch Konsum zu lindern. Besser wäre es, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen und körperliche Symptome medizinisch abklären zu lassen.

Gedankliche Warnsignale

Vor Rückfällen beschäftigt sich der Suchtkranke häufig in Gedanken mit dem Konsum. Die Situation wird im Kopf durchgespielt und Bedenken mit typischen „Argumenten“ weggewischt. Dazu zählen etwa Gedanken wie:

  • einmal ist keinmal
  • wenn ich etwas trinke, geht es mir danach besser
  • ein kleines Bier kann doch nicht schaden
  • ich höre einfach nach dem ersten Getränk auf
  • ich werde es kontrollieren können

Rückfall bei Alkoholismus: Mann trinkt Kaffee statt Alkohol
Ein Rückfall ist immer möglich. Achten Sie auf persönliche Warnsignale.

Emotionale Warnsignale

Angst, Wut oder Traurigkeit sind Risikofaktoren für einen Rückfall. Besonders in Verbindung mit körperlichen und gedanklichen Symptomen können sie ein Zeichen für einen bevorstehenden Rückfall sein und sollten nicht ignoriert werden. Negative Emotionen steigern die Gefahr eines Rückfalls des trockenen Alkoholikers und sollten als Warnsignal nicht unterschätzt werden.

Rückfallgefahr

Manche Situationen, Zustände oder Gedanken können einen Risikofaktor darstellen. Betroffene und Angehörige sollten diese scheinbar harmlosen Rückfallgefahren kennen und sich dem erhöhten Risiko bewusst sein. Das Wissen, sich gerade in einer Risikosituation zu befinden, hilft die richtige Entscheidung zu treffen: Nicht zu trinken.

Risikofaktor

Beschreibung

Negative Gefühle

Wer unter negativen Gefühlen leidet, versucht diese abzuschwächen. Alkoholiker betäuben und beruhigen sich durch trinken. Der Alkohol hilft ihnen, die Angst zu überwinden oder Stress, Trauer, etc. zu vergessen. Achten Sie daher besonders auf Situationen wie Stress im Beruf, Enttäuschung in der Liebe oder Angst vor einer Prüfung.

Körperliche Beschwerden

Können entweder Entzugssymptome oder Beschwerden anderen Ursprungs sein. In beiden Fällen empfiehlt es sich, die Ursache medizinisch abklären zu lassen. Häufig dient der Alkohol zur „Behandlung“ der körperlichen Beschwerden, z.B. um besser einzuschlafen.

Zusätzlich sollte auf Grunderkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen geachtet werden.

Kontrolliertes Trinken

Nach langer Abstinenz steigt die Selbstsicherheit im Umgang mit Alkohol. Der Alkoholiker hat das Gefühl, genügend Selbstkontrolle aufbringen zu können um sich kleine „Ausnahmen“ zu erlauben. Man „möchte ausprobieren, ob man es schafft, kontrolliert zu trinken“. Dadurch steigt die Gefahr, zurück in alte Trinkgewohnheiten zu verfallen und erneut in die Abhängigkeit zu rutschen.

Süchtiges Verlangen

Situationen, in denen früher Alkohol konsumiert wurde, können während der Abstinenz einen besonderen Reiz ausüben. Es kann spontan zu körperlichen Reaktionen wie Unruhe, Schwitzen oder zittrigen Händen kommen. Wird der trockene Alkoholiker von dem plötzlich einsetzenden Verlangen überrascht, kann es zu einem Kontrollverlust kommen – das Rückfallrisiko steigt stark an.

Angenehme Gefühlszustände

Auch positive Emotionen wie Spaß, Glück und Zufriedenheit sind mögliche Risikofaktoren. So können etwa ausgelassene Stimmung und sorglose Unbeschwertheit den trockenen Alkoholiker zu unüberlegten, spontanen Konsum verleiten. Das Glücksgefühl soll verstärkt werden, der Suchtkranke möchte „zur Feier des Tages“, noch „einen draufsetzen“.

Geselligkeit

Gruppenzwang in geselligen Runden ist ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor. Die anderen genießen offensichtlich die gute Stimmung, es wird sich zugeprostet und gemeinsam Alkohol getrunken. Für den trockenen Alkoholiker ist dieses gemeinsame Trinken eine große Herausforderung. Er ist womöglich die einzige Person, welche nicht trinken „darf“.

Konflikte

Sowohl innere Konflikte als auch offene Auseinandersetzungen stellen Risikofaktoren dar. Beispiele sind etwa ein Streit mit dem Partner, aber auch Schwierigkeiten am Arbeitsplatz oder in der Ausbildung.

Soziale Verführung

Im Freundeskreis finden sich häufig eine Reihe an Bekannten, mit denen früher regelmäßig getrunken wurde. Bei Treffen wird dann nicht selten auf ein gemeinsames Getränkt gedrängt. „Der alten Zeiten wegen“ werden Einladungen ausgesprochen und der Betroffene unter Druck gesetzt, gemeinsam zu trinken.

Rückfallprophylaxe bei Alkohol

Rückfallgefahr besteht immer. Selbst nach Jahren des alkoholfreien Lebens gibt es keine hundertprozentige Sicherheit. Das Risiko kann aber durch einige Strategien minimiert werden:

Sensibilisierung für persönliche Rückfallrisiken

Es ist wichtig, seine persönlichen Schwachstellen und Risikosituationen zu kennen. Diese können bei jedem anders aussehen – für den einen sind es die alten Freunde, für andere die Scham „Nein“ zu sagen. Ist man sich derer jedoch bewusst, fällt es leichter richtig zu reagieren. Man geht wachsamer an die Situation heran und wird nicht von unerwartet auftauchenden Versuchungen überrascht.

Es bietet sich an, frühere Rückfälle zu analysieren und die damals ausschlaggebenden Ursachen zu betrachten. Betroffene können dadurch auch scheinbar „harmlose“ Situationen als Risiko erkennen und rechtzeitig darauf reagieren. Mit der Zeit entwickelt sich ein Gespür für die eigenen Grenzen und die Gefahr eines schleichenden Rückfalls wird gemindert.

Achtung vor Selbstüberschätzung. Setzen Sie sich nicht absichtlich Risikosituationen aus, um sich und Ihrem Umfeld zu beweisen, stark genug zu sein. Solche „Tests“ sollten lieber unterlassen werden – man gewinnt wenig und kann viel verlieren.

Kognitive Strategien und Ablenkung

Gedanken an einen Rückfall oder der Wunsch nach Alkohol sind auch in der Abstinenz normal. Viele trockene Alkoholiker sind von dem Ausmaß ihres Verlangens regelrecht überrascht und deuten dies als Zeichen von Willensschwäche und Versagen – die Rückfallgefahr steigt.

Einfache kognitive Strategien können helfen, die Rückfallgedanken zu unterbrechen und dem unmittelbaren Verlangen nach Alkohol nicht nachzugeben. Erfahrungsgemäß lässt das Verlangen bereits nach kurzer Zeit nach und die Risikosituation ist erfolgreich bewältigt.

Versuchen Sie folgendes zur Ablenkung:

  • Reden oder telefonieren Sie mit einem guten Freund oder einer guten Freundin. Vereinbaren Sie bereits vorher, dass Sie die Person anrufen werden, wenn Sie in Versuchung geraten.
  • Schreiben Sie Ihre Gedanken nieder.
  • Spielen Sie ein Spiel, welches Konzentration erfordert.
  • Lenken Sie sich mit Essen ab und gönnen Sie sich eine gute Mahlzeit.
  • Sex kann Sie auf andere Gedanken bringen.
  • Konzentrieren Sie sich auf ein Hobby oder versuchen Sie Dinge, die Ihnen früher Freude bereitet haben.
  • Betreiben Sie Sport.
  • Eine kalte Dusche kann erfrischend wirken und Rückfallgedanken verdrängen.
  • Trinken Sie viel Wasser oder Säfte und genießen Sie den Geschmack.

Um die Gedanken an Alkoholkonsum zu unterbrechen bieten sich auch Vorstellungstechniken an:

  • Wehren Sie sich aktiv gegen das Verlangen.
  • Denken Sie an das bereits Erreichte und überlegen Sie, was sich positiv verändert hat.
  • Erinnern Sie sich an die Probleme und Schwierigkeiten, welche Sie durch Ihre Alkoholsucht durchmachen mussten.

Schreiben Sie einen Leitsatz und Instruktionen an sich selbst auf ein Merkkärtchen und tragen Sie es immer bei sich.

Ablehnungstraining

Es ist nicht immer einfach „Nein“ zu sagen. Damit es auch in schwierigen Situationen klappt, übt man es. In der sicheren Umgebung einer Therapie können Verhaltensweisen erprobt und verinnerlicht werden. Wie lehne ich eine Einladung auf ein Getränk ab? Wie verhalte ich mich, wenn auf einen Geburtstag angestoßen wird?

Bereits im Vorfeld kann überlegt werden, wann man sich zu seiner Suchterkrankung bekennen möchte und in welchen Fällen es besser wäre, es bei einem einfachen „Nein“ zu belassen.

Auch auf persönliche Risikofaktoren kann individuell eingegangen werden. Wie verhalte ich mich, wenn ich einen alten Freund zufällig treffe? Ist es unhöflich, eine Einladung abzulehnen? All diese Fragen können in sicherer Umgebung geklärt werden – was früher eine herausfordernde, risikoreiche Situation gewesen wäre, kann nun selbstsicher und geplant gelöst werden.

Lassen Sie sich gar nicht erst auf langwierige Diskussionen ein. Nein bedeutet nein.

Notfallpläne

Rückfälle sind immer möglich. Wenn es dazu kommt, ist es ratsam, einen Plan im Hinterkopf zu haben. Noch besser: In der Hosentasche. Schreiben Sie sich also Ihren Notfallplan auf ein Stück Papier und verstauen Sie es in der Brieftasche.

Notfallplan bei Rückfall
Schreiben Sie einen Notfallplan, was im Falle eine Rückfalls zu tun ist.

Nach einem Rückfall ist es wichtig, möglichst schnell in die Abstinenz zurückzukehren. Häufig steht man direkt nach dem Rückfall unter einer Art Schock. Das Gefühl, versagt zu haben, verstärkt den Drang, einem einmaligen Ausrutscher weitere folgen zu lassen. Hier kann ein Notfallplan helfen:

Vereinbaren Sie gemeinsam mit einem guten Freund oder einem Therapeuten die nächsten Schritte nach einem Rückfall. Wer soll als erstes informiert werden? Führen Sie den Plan sofort aus und rufen Sie Ihre Kontaktperson an. Gemeinsam können Sie die kritische Phase besser bewältigen und ein Abrutschen in alte Trinkgewohnheiten verhindern.

Verlassen Sie möglichst schnell den Ort des Geschehens. Bringen Sie sich bei einem guten Freund oder einer Beratungsstelle in „Sicherheit“.

Verhindern schleichender Rückfälle

Kündigt sich der Rückfall langsam an, ist es empfehlenswert langfristige Vermeidungsstrategien zu entwickeln.

  • Bauen Sie sich ein tragfähiges, verlässliches soziales Netzwerk auf.
  • Sprechen Sie über Dinge, die Sie belasten.
  • Ziehen Sie regelmäßig Bilanz über das bisher Erreichte.
  • Suchen Sie sich Hilfe und Beratung. Nehmen Sie diese auch an.
  • Gönnen Sie sich genügend Auszeiten und Erholung.
  • Beobachten Sie Ihre Gedanken: In welchen Situationen denken Sie an Alkohol? Aus welchem Grund? Bin ich mir über die Konsequenzen im Klaren?
  • Betreiben Sie Sport. Entspannungsübungen können ebenfalls helfen.
  • Hängen Sie Bilder von Ihnen wichtigen Menschen gut sichtbar auf, zum Beispiel am Arbeitsplatz oder tragen Sie die Bilder bei sich in der Brieftasche.
  • Schreiben Sie eine Liste mit Konsequenzen eines Rückfalls nieder (zum Beispiel Arbeitslosigkeit, Depression, Schuldgefühle).
  • Sie können auch weitere Listen mit Zielen für Ihr Leben oder auch positive Erlebnisse während Ihrer Abstinenz niederschreiben (zum Beispiel Urlaub machen, ein guter Vater oder eine gute Mutter sein, den Führerschein wiederbekommen).
  • Halten Sie wichtige Telefonnummern, zum Beispiel von Freunden, Therapeut oder jemanden aus einer Selbsthilfegruppe, bereit. Am besten einfach im Mobiltelefon speichern.

Was tun, wenn ein Alkoholiker rückfällig wird?

Trotz aller Bemühungen und guter Vorsätze kann es immer zu einem Rückfall kommen. Besonders im ersten Jahr der Abstinenz ist die Rückfallgefahr sehr groß. Im Fall des Falles ist es wichtig, schnell und richtig zu handeln. Es gilt, möglichst schnell zurück in die Abstinenz zu finden – informieren Sie daher immer Ihren Therapeuten oder suchen Sie eine Beratungseinrichtung auf.

Der Rückfall kann für den trockenen Alkoholiker Krise und Chance zugleich sein – ein Zeichen, dass man noch nicht am Ziel angekommen ist. Wer lernt, macht auch Fehler. In diesem Sinne sollte man die Ursachen und Gründe für den Rückfall abklären und im Rahmen einer Therapie aufarbeiten.

Dies bedeutet natürlich nicht, dass ein Rückfall notwendig wäre oder man einen haben sollte! Es soll jedoch deutlich machen, dass ein Rückfall nicht das Ende der Abstinenz ist, sondern nur ein weiterer Schritt auf dem Weg aus der Sucht.

Wichtig ist es, ein vertrauensvolles Umfeld zu schaffen, in welchem offen über den Rückfall gesprochen werden kann. Häufig plagen Schuldgefühle und Scham die Betroffenen. Doch statt eines „Alles-oder-Nichts-Denkens“ sollte nach vorne, in die Zukunft geblickt werden. Ein Rückfall bedeutet nicht, von vorne beginnen zu müssen.

Wenn Sie akut von einem Rückfall betroffen sind oder mit dem Gedanken spielen, „sich einen Ausrutscher leisten zu wollen„, nehmen Sie unbedingt Kontakt mit Ihrem Therapeuten auf. Sollten Sie sich nicht in Therapie befinden, wenden Sie sich an eine Beratungsstelle oder einen Arzt.

Beratungsstellen für Alkoholsucht

Was passiert, wenn ein trockener Alkoholiker Alkohol trinkt?

Trockene Alkoholiker sollten tatsächlich auf jede Art von Alkohol verzichten. Doch warum ist das eigentlich so? Und was passiert, wenn man unabsichtlich kleine Mengen konsumiert?

Unser Suchtgedächtnis „vergisst“ nur sehr schwer. Daher können auch kleine Mengen an Alkohol alte Verhaltensmuster reaktivieren. Selbst nach vielen Jahren können so bereits überwundene Trinkgewohnheiten zurückkehren und es besteht die Gefahr eines Rückfalls.

Wird also jeder trockene Alkoholiker schon bei geringen Mengen Alkohol automatisch rückfällig? Nein. Je nach Art und Weise bzw. Menge der Konsumation besteht ein unterschiedliches Risiko. Es stellt sich die Frage, warum der Alkohol getrunken wurde. War es unabsichtlich ist das Rückfallrisiko vergleichsweise gering. Wurde der Alkohol – aus einer Überschätzung der eigenen Widerstandkraft – bewusst getrunken? Dann ist das Risiko deutlich größer. 

Warum das so ist und wie Sie erfolgreich abstinent bleiben erfahren Sie in unserem Artikel zur Abstinenz.

Abstinenz (Alkohol)

Rückfälle aus Sicht der Angehörigen

Auch als Angehöriger muss man lernen, mit Rückschlägen umzugehen. Womöglich hat die alkoholkranke Person dabei Abmachungen ignoriert und Sie enttäuscht. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Ihre Bemühungen umsonst gewesen sind, oder nicht wertgeschätzt werden. Doch wie soll man darauf reagieren? Hier gilt: Vorwürfe helfen nicht, Rückfälle sollten jedoch auch nicht ignoriert werden. Besser ist es, jeden Rückfall aufzuarbeiten. Dies kann z.B. im Rahmen einer Therapie oder gemeinsam mit einer Beratungsstelle passieren.

Versuchen Sie, auf einen Rückfall vorbereitet zu sein

Versuchen Sie, auf einen Rückfall vorbereitet zu sein und akzeptieren Sie, dass es keine hundertprozentige Sicherheit bei einer Krankheit wie der Alkoholsucht gibt. Selbst nach Jahren kann es plötzlich zu Rückfällen kommen. Bedenken Sie, dass dazwischen womöglich lange Phasen waren, in denen ihr Angehöriger sein Trinkverhalten unter Kontrolle hatte. Auch das ist ein Erfolg! Sehen Sie Alkoholismus als eine chronische Krankheit – selbst wenn sie noch nicht geheilt ist, sind lange, beschwerdefreie Perioden möglich.

Machen Sie sich jedoch auch einen Plan, wie Sie reagieren werden, wenn es sich um keinen kleinen „Ausrutscher“ handelt, sondern langfristig alte Trinkgewohnheiten wiederkehren. Überlegen Sie sich, was das für Sie bedeuten würde und ob sie damit fertig werden können. Möchten Sie es ein weiteres Mal versuchen, oder sehen Sie selber kaum noch Hoffnung?

Vergessen Sie nicht: zunächst steht Ihr eigenes Wohlbefinden im Vordergrund. Nur wenn es Ihnen gut geht, können Sie anderen helfen.

Besprechen Sie Ihren „Notfall-Plan“ mit einer vertrauten Person oder wenden Sie sich an eine Beratungsstelle. Überdenken Sie nüchtern und ohne Druck, was in einer solchen Situation für Sie und Ihre Familie das Beste wäre. Schreiben Sie ihre Gedanken auf und rufen Sie sich Ihre Vorsätze in Erinnerung falls es tatsächlich dazu kommen sollte.

Wenn Sie mit einem trockenen Alkoholiker zusammen leben bleibt immer die Angst vor dem Rückfall. Lesen Sie hier, wie Sie helfen können, um Rückfälle möglichst zu vermeiden.

Rückfälle bei Alkoholikern vermeiden helfen

  • Blaues Kreuz: Alkoholrückfall – Prophylaxe, Bearbeitung, Therapie
    (Online, letzer Zugriff am )
  • Fachambulanz, Beratungs- und Behandlungsstelle für Alkohol- und Medikamentenabhängige: FAMakut #5
    (Online, letzer Zugriff am )
  • Sucht | Schweiz: Infomaterialen: Rückfall
    (Online, letzer Zugriff am )
Redaktionelle Bearbeitung: Benjamin Slezak
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