Entzug (Alkohol)

Der warme Alkoholentzug

Frau beim Alkoholentzug

Wer sein Alkoholproblem in den Griff bekommen möchte, muss früher oder später einen Entzug machen. Angst davor muss man keine haben, ein richtig durchgeführter Alkoholentzug behandelt die gefürchteten Entzugserscheinungen und bietet gute Erfolgsaussichten. Tatsächlich sind viele Betroffene froh, endlich eine medizinische Behandlung für ihre körperlichen Beschwerden zu erhalten.

Thema Alkoholismus
Lesedauer 10 Min.
Schwerpunkt Behandlung
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Letzte Aktualisierung:

Vor einem Entzug liegt meistens eine jahrelange Geschichte von Alkoholmissbrauch und zunehmenden Problemen. Viele Alkoholkranke leiden neben den psychischen Folgen des Alkohols auch an gesundheitlichen Problemen. Ist der Entschluss dann endlich gefasst einen Entzug zu beginnen, bedeutetet das nicht nur einen Schritt in Richtung Abstinenz, sondern auch eine Verbesserung der akuten Beschwerden und Entzugserscheinungen.

Vorsicht: Bei starken Alkoholikern kann es bei einem Selbstentzug zu lebensbedrohlichen Entzugserscheinungen kommen.

Der Alkoholentzug (warmer Entzug)

Beim warmen Entzug werden die Entgiftung bzw. begleitende Entzugserscheinungen ärztlich beaufsichtigt und – wenn notwendig – durch Medikamente unterstützt. Sind die ersten Tage des körperlichen Entzugs erst einmal überstanden, kann mit der psychischen Entwöhnung begonnen werden: Therapeutische Angebote helfen bei den ersten Schritten im alkoholfreien Alltag und reduzieren die Gefahr eines Rückfalls.

Für die meisten Alkoholkranken ist ein warmer Entzug die einzig sinnvolle Entzugsform.

Die Entgiftung dauert etwa 10 Tage und ist deutlich angenehmer als ein Selbstentzug. Gesundheitliche Risiken werden minimiert, im Vergleich zum kalten Entzug bestehen deutlich bessere Erfolgsaussichten.

Frau mit Bauchweh bei Alkoholentzug
Verdauungsprobleme sind eine häufige Begleiterscheinung beim Alkoholentzug

Ob ein Entzug erfolgreich war, zeigt sich erst Wochen oder Monate später. Die psychische Abhängigkeit bleibt oft für viele Jahre bestehen und sollte daher langfristig – auch während der Abstinenz – behandelt werden. Achten Sie nach einem Entzug auf eine möglichst rasche Entwöhnung und vermeiden Sie alte Verhaltensmuster. Wie Sie Rückfälle vermeiden können und was im Fall des Falles getan werden kann, erfahren Sie hier.

Rückfall Alkoholismus

Ablauf des Alkoholentzugs (warmer Entzug)

Vor dem Entzug

Zu Beginn wird eine ausführliche Anamnese erhoben und nach den Trinkgewohnheiten gefragt. Dies ist notwendig, um den Schweregrad der Abhängigkeit und den allgemeinen Gesundheitszustand festzustellen. Bei schweren Erkrankungen oder Begleiterkrankungen (z.B. geschädigte Leber) ist eine besondere Überwachung notwendig und der Alkoholentzug wird dementsprechend angepasst.

Akutphase (24–72 Stunden)

In den ersten Stunden nach dem letzten Alkoholkonsum beginnen die ersten Entzugserscheinungen. Symptome wie Zittern, Unruhe, Schwitzen oder Übelkeit können auftreten.

Wenn notwendig können die Symptome durch Medikamente gemildert werden. Typische Medikamente sind etwa Benzodiazepine, Neuroleptika, Antikonvulsiva oder Betablocker.

Darüber hinaus wird auf eine ausreichende Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr geachtet. So kann eine Dehydrierung und Elektrolytstörungen verhindert werden.

Stabilisierungsphase (4–7 Tage):

Während der nächsten Tage klingen die Entzugssymptome ab. Mit der körperlichen Stabilisierung kann nun die psychologischen Unterstützung in den Mittelpunkt der Behandlung rücken. Die Patienten lernen nun Methoden, die ihnen in ihrer Abstinenz helfen und Rückfälle vermeiden sollen.  

Falls notwendig können Nahrungsergänzungsmittel und Vitamine verabreicht werden.

Nachsorge:

Dem  körperlichen Entzug folgt eine langfristige Therapie (z. B. stationäre Rehabilitation oder ambulante Nachsorge), um die psychische Abhängigkeit zu behandeln. So können etwa Gruppen- oder Einzeltherapien und Selbsthilfegruppen (z. B. Anonyme Alkoholiker) Teil der Nachsorge sein.

Vor- und Nachteile eines warmen Entzugs

Vorteile

Nachteile

geringes Gesundheitsrisiko

manchmal Wartezeiten

weniger Entzugserscheinungen

Anmeldung erforderlich

begleitende Maßnahmen

 

Nachbetreuung

 

Betreuung durch Experten

 

bessere Erfolgschance

 

Im Zweifelsfall sollte man sich immer für den warmen Entzug entscheiden.

Ambulanter Alkoholentzug und Entwöhnung

Ein ambulanter Entzug ist in leichten Fällen möglich, sofern mit keinen schwerwiegenden Entzugserscheinungen zu rechnen ist. Falls keine medikamentöse Behandlung notwendig ist, bietet der ambulante Entzug weitgehende Freiheiten und gewährleistet doch eine ärztliche Kontrolle.

Der Alkoholentzug bezieht sich auf die körperliche Entgiftung, die Entwöhnung auf die psychische Abhängigkeit.

Auch eine ambulante Entwöhnungsbehandlung ist in manchen Fällen sinnvoll und wird häufig in Anspruch genommen:

  • Motivation und Zuverlässigkeit wird vorausgesetzt.
  • Betroffene müssen in der Lage sein, zwischen den Behandlungseinheiten abstinent zu leben.
  • Körperliche und psychische Folgen des Alkoholkonsums dürfen nicht zu schwer sein.
  • Die Anreise zur Ambulanz sollte nicht zu mühsam sein.
  • Man sollte in der Lage sein, seinem Beruf nachzugehen.
  • Vorhandenes, funktionierendes soziales Netz.
  • Keine Selbst- oder Fremdgefährdung.

Vor- und Nachteile einer ambulanten Behandlung

Vorteile

Nachteile

Berufsausübung möglich

Alkoholkontrolle ist schwierig

normaler Kontakt zur Familie

Therapie macht nur einen kleinen Teil des Alltags aus

wenig Einschränkungen, Freiheit

psychische und körperliche Begleiterkrankungen bleiben weitgehend unbehandelt

soziale Kontakte können gepflegt werden

 

Stationärer Entzug

Der stationäre Entzug erfolgt in speziellen Einrichtungen wie etwa Suchtkliniken oder Krankenhausabteilungen. Die Dauer hängt von der jeweiligen Einrichtung ab, üblich sind einige Wochen bis hin zu mehreren Monaten. Auch wenn sich die einzelnen Einrichtungen in deren Arbeitsweise unterscheiden, steht zu Beginn die Entgiftung im Rahmen eines warmen Entzugs.

Besonders für schwere Fälle ist der stationäre Entzug die beste Möglichkeit. Eine ständige Überwachung während der ersten Tage der Entgiftung ist nur stationär möglich. Auf mögliche Nebenwirkungen kann so rasch und effektiv reagiert werden, das Gesundheitsrisiko für den Patienten ist also deutlich geringer.

Auch für die psychische Entwöhnung ist ein stationärer Aufenthalt sinnvoll: Es gibt ein breites Angebot unterschiedlicher Therapiemöglichkeiten und ein durchgehendes Behandlungskonzept mit klaren Strukturen. Gerade für Alkoholkranke mit einem suchtfördernden Umfeld ist eine Klinik ein Rückzugsort vom oft alkoholbelasteten Alltag.

Vor- und Nachteile einer stationären Behandlung

Vorteile

Nachteile

gute medizinische Versorgung

eingeschränkter Kontakt zur Familie

intensive Therapie

Berufsausübung nicht möglich

effektive Behandlung von Begleiterkrankungen

mögliche Wartezeiten

berufliche Wiedereingliederung (wenn notwendig)

 

breites Therapieangebot

 

kaum Risikosituationen für Rückfall

 

Medikamente bei Alkoholentzug

Zur Unterstützung eines warmen Alkoholentzugs steht eine Reihe an Medikamenten und Wirkstoffen zur Verfügung.

Die hier angeführten Medikamente und Wirkstoffe sind nicht zur Eigenbehandlung von Entzugssymptomen geeignet und sollten nur nach Absprache mit einem Arzt eingenommen werden.

Für eine vollständige Auflistung aller Nebenwirkungen, Anwendung und Kontraindikationen sollte der behandelnde Arzt gefragt werden.

Acamprosat

Dient vor allem der Rückfallprophylaxe. Der Wirkstoff verringert das Verlangen nach Alkohol. In klinischen Studien konnte eine Verbesserung der Abstinenzrate sowie eine Erhöhung der durchschnittlichen Abstinenzdauer nachgewiesen werden. Acamprosat ist nicht süchtig machend, sollte aber nur im Rahmen einer betreuten Alkoholtherapie eingesetzt werden.

Als Nebenwirkungen können z.B. Juckreiz, Schlafstörungen oder Übelkeit auftreten.

Naltrexon

Wirkt auf den Endorphinstoffwechsel und soll das Verlangen nach Alkohol reduzieren. Naltrexon wird zur unterstützenden Behandlung als Rückfallprophylaxe eingesetzt. Gewöhnungseffekte sind nicht bekannt, der Wirkstoff ist nicht süchtig machend.

Vorsicht: Eine gleichzeitige Einnahme von opioidhaltigen Medikamenten (z.B. bestimmte Husten- und Schmerzmittel) ist zu vermeiden.

Disulfiram

Wurde früher zur Unterstützung der Abstinenz angewendet. Bei gemeinsamem Konsum von Alkohol und Disulfiram stellt sich bereits bei kleinen Alkoholmengen ein deutliches Unwohlsein ein. Da bei größeren Mengen Nebenwirkungen bis hin zum Tod eintreten können, ist die Anwendung nur bei Patienten mit guter Compliance (Mitarbeit) möglich.

Nalmefen

Hilft, den Alkoholkonsum zu verringern und reduziert das Verlangen nach Alkohol. Es wird vor allem bei starken Alkoholikern im Rahmen einer Reduktionstherapie angewendet. Nalmefen darf nur bei Personen ohne körperlichen Entzugserscheinungen angewendet werden.

Wie auch die anderen Medikamente, darf es nur nach ärztlicher Verordnung und sorgfältiger Abwägung eingenommen werden. Der Wirkstoff ist mit Naltrexon verwandt und darf ebenfalls nicht gleichzeitig bzw. kurz nach dem Konsum von Opioiden eingenommen werden. Hier gilt ebenso: Der Wirkstoff soll nur begleitend zu einer psychosozialen Betreuung verwendet werden.

Die hier aufgelisteten Medikamente dürfen nur im Rahmen einer ärztlichen Verschreibung angewendet werden.

  • Handbuch Alkohol – Österreich, 3. Auflage
  • Blaues Kreuz: Alkoholkrankheit – Diagnostik, Therapie, Abstinenz
    (Online, letzer Zugriff am )
  • Wenn Alkohol zum Problem wird - Suchtgefahren erkennen - den Weg aus der Abhängigkeit finden
    (Online, letzer Zugriff am )
Redaktionelle Bearbeitung: Benjamin Slezak
Erste Veröffentlichung:
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