Spielsucht
Pathologisches Spielen
Eine Spielsucht kann für Betroffene und Angehörige jahrelanges Leid bedeuten: Finanzieller Ruin, sozialer Abstieg und zerbrochene Familien sind mögliche Folgen. Zudem kann sie zu anderen Erkrankungen wie Depressionen, Angst- und Persönlichkeitsstörungen und Suchtmittelkonsum führen.
Eine Spielsucht entwickelt sich in den meisten Fällen über einen längeren Zeitraum. Der Verlauf kann zwar individuell unterschiedlich sein, die 3 großen Phasen der Spielsucht sind aber so gut wie immer zu finden:
Anfangsstadium der Spielsucht – Gewinnphase
Zunächst wird weitgehend normal gespielt: Kartenspiele in der Familie, Wetten mit Freunden oder das gemeinsame Tippen auf Fußballergebnisse. Die dabei eingesetzten Beträge sind vergleichsweise gering, ein Verlust leicht zu verschmerzen.
Positive Erzählungen von Freunden, etwa Berichte über Gewinne, können zum Ausprobieren von Glücksspielen motivieren.
Es kommt zu gelegentlichen Erfolgen, die das Selbstwertgefühl stärken und den Spieler von größeren Gewinnen träumen lassen. Da die Verluste überschaubar sind, steht zunächst Optimismus im Vordergrund: Es wird stolz von Gewinnen berichtet, kostspielige Anschaffungen getätigt und sich intensiv mit Gewinnstrategien beschäftigt.
Dies führt zu Anerkennung in der Spielergemeinschaft und gibt dem Spieler das Gefühl, „Experte“ auf dem Gebiet zu sein. Zunächst ist das Spielen auf die Freizeit beschränkt. Allmählich steigert sich jedoch die Frequenz und es wird zur regelmäßigen Beschäftigung. Am Ende der Gewinnphase steigt die Risikobereitschaft, die Einsätze werden höher.
Typisch für die Anfangsphase sind:
- Häufige, nicht unbedingt hohe Gewinne
- Zunahme der Spielhäufigkeit
- Unrealistischer Optimismus
- Alleine spielen
- Intensive Beschäftigung mit Gewinnsystemen und Strategien
Was Sie in der Anfangsphase tun können
Jede Spielsucht hat zwar eine Anfangsphase – aber nicht jede Anfangsphase muss auch in eine Spielsucht übergehen. Viele der Verhaltensweisen können zwar problematisch sein, führen aber nicht zwangsläufig in eine Sucht.
Trotzdem empfiehlt es sich, die ersten Warnsignale ernst zu nehmen und das eigene Spielverhalten kritisch zu hinterfragen. Überlegen Sie, ob Sie womöglich gefährdet sind, eine Spielsucht zu entwickeln. Lesen Sie dazu auch den Artikel über das Erkennen von Spielsucht.
- Informieren Sie sich über Spielsucht.
- Reden Sie mit Angehörigen und Freunden auch über die erlittenen Verluste, beschönigen Sie nichts.
- Versuchen Sie über einen längeren Zeitraum auf das Spielen zu verzichten. Wie geht es Ihnen damit?
- Legen Sie einen Betrag fest, der Ihnen als Spielbudget dient. Wenn Sie den Betrag trotzdem überschreiten, sprechen Sie mit Ihren Angehörigen oder eine Beratungsstelle.
Gewöhnungsphase der Spielsucht (Verlustphase)
Der Beginn der Gewöhnungsphase ist durch eine Steigerung der Häufigkeit, der Spieldauer und der Einsätze gekennzeichnet. Nun kommt es zu ersten größeren Verlusten, die nicht mehr über das normale Einkommen gedeckt werden können. Es werden Kredite aufgenommen und Geld von Freunden geliehen. Geld verliert zunehmend an Bedeutung und dient in erster Linie als Kapital, um mit erhofften Gewinnen alle Probleme zu lösen.
In Anbetracht der entstehenden finanziellen Schwierigkeiten versuchen viele Spieler nun, mittels Systemen und Gewinnstrategien das Spiel zu „professionalisieren“. Jedoch verhelfen die eingesetzten Techniken nicht zu den ersehnten Gewinnen und selbst auferlegte Limits werden zunehmend ignoriert.
Da die meisten Spieler in dieser Phase ihr Abgleiten in die Sucht verbergen, erkennen Angehörige und Freunde die entstehende Spielsucht erst spät. Die Betroffenen flüchten sich in Lügen und Ausreden und liefern immer wieder neue Gründe für die finanziellen Probleme und das kaum noch zu verbergende Fernbleiben von Familie und Arbeit.
Die persönlichen Beziehungen leiden zunehmend, die eigene Familie, der Arbeitsplatz oder die Ausbildung werden vernachlässigt. Von den Angehörigen wird nun eine gewisse Unzuverlässigkeit und der Verlust von Interessen bemerkt.
Kennzeichen der Gewöhnungsphase sind:
- Höhere Verluste
- Lügen und Täuschen
- Häufiges Spielen, Vernachlässigen von Arbeit und Ausbildung
- Zunehmende Probleme in der Beziehung und Familie
- Vernachlässigen von Hobbys und Freunden
- Ständiges Denken an das Spielen
- Überschreiten von selbst gesetzten Limits, erfolglose Abstinenzversuche
In dieser Phase ist die Kontrolle über die Spielgewohnheiten noch nicht vollständig verloren gegangen. Der Spieler hält sich zwar nicht mehr an alle Vorsätze und selbst auferlegte Limits, kann aber Spiele vor einem drohenden Totalverlust noch rechtzeitig beenden. Gelegentlich kommt es auch zu Tagesgewinnen, die nicht gleich wieder verspielt werden. Am Ende der Gewöhnungsphase zeigt der Spieler zwar ein Suchtverhalten, spielt aber noch vergleichsweise vernunftgesteuert.
Suchtstadium (Verzweiflungsphase)
Während der letzten Phase einer Spielsucht kommt es zu einem völligen Kontrollverlust, das Glücksspiel ist der beherrschende Lebensmittelpunkt geworden. Allerdings stellen sich selbst nach Gewinnen kaum noch positive Emotionen oder Freude ein - der Spieler kann zwar das Spielen nicht lassen, erfährt dadurch aber auch keine Befriedigung mehr.
Die Abhängigkeit beherrscht nun das Leben des Spielers. Es kommt häufig zu Totalverlusten und verzweifelten Versuchen, neues Geld für das Glücksspiel zu besorgen. In Momenten, in denen der Spieler seine Situation überdenkt, kann es zu Panikreaktionen und depressiven Verstimmungen bis hin zu Selbstmordversuchen kommen.
Die Geldbeschaffung wird zunehmend schwieriger, es kommt häufig zu Problemen mit Gläubigern und Banken. Viele Spieler schrecken in dieser Situation selbst vor kriminellen Handlungen nicht zurück – auch wenn diese zunächst nicht so benannt werden. Typisch sind etwa das „Ausborgen“ von Geldbeträgen bei Familienmitgliedern, die nicht zurückbezahlt werden können.
In der Verzweiflungsphase tritt in vielen Fällen eine Persönlichkeitsveränderung ein, der Spieler ist leicht gereizt und antriebslos. Viele Spieler erleben einen sozialen Abstieg und ziehen sich zurück.
Typische Merkmale der Verzweiflungsphase sind:
- Kredite (legale und illegale)
- Bürgschaften von Familienangehörigen
- Hoher finanzieller und zeitlicher Aufwand
- Schuldgefühle, Selbsthass, Panik, Hoffnungslosigkeit
- Kriminelles Verhalten
- Persönlichkeitsveränderung
- Entfremdung und Isolation
- Scheidung, Beenden von Beziehungen
- Sozialer Abstieg
- Schuldzuweisungen
- Psychischer Zusammenbruch, Selbstmordgedanken und Selbstmordversuche
Spielsucht Ursachen
Die Ursachen der Spielsucht sind individuell unterschiedlich, bestimmte Risikofaktoren sind aber gleichermaßen gültig.
Besonders gefährdet sind Jugendliche und junge Erwachsene. Als Grund wird eine erhöhte Risikobereitschaft und ein höheres Verlangen nach Erregung vermutet. Zwar scheinen Männer mehr gefährdet zu sein, allerdings hat der Anteil von Frauen in den letzten Jahren stetig zugenommen.
In der Regel gibt es stets mehrere Ursachen für die Entstehung einer Spielsucht. Hier spricht man häufig von Risikofaktoren: Das vorliegen eines Risikofaktors bedeutet noch nicht, dass sich tatsächlich eine Spielsucht entwickelt. Erst das Zusammenspiel der einzelnen Faktoren bestimmt das Suchtverhalten. Das erklärt auch, warum manche Menschen mit hohem Risiko keine Spielsucht entwickeln: Jeder Mensch ist anders und reagiert unterschiedlich auf einzelne Risikofaktoren.
Beispiele für Ursachen einer Spielsucht wären etwa:
- Glückspielsucht eines Elternteils
- Geldsorgen
- andere Probleme, das Spielen dient als „Flucht“
- regelmäßige Erfolgserlebnisse beim Spiel
- kognitive Verzerrung
Im Verlauf der Spielsucht geht die Kontrolle über das Spielverhalten verloren. Dadurch werden häufig unverhältnismäßig hohe Risiken eingegangen, es wird kaum noch vernunftgesteuert gespielt. Dazu kommen eine sogenannte Kontrollillusion und eine kognitive Verzerrung: Der Spieler hat das Gefühl, den Ausgang des Glückspiels kontrollieren zu können. Zu diesen abergläubischen Vorstellungen zählen etwa:
- Ein besonderer Platz oder Automat würde höhere Gewinne erlauben.
- Bestimmte Rituale, welche die Gewinnchancen erhöhen.
- „Tricks“, wie beispielsweise eine besondere Art Tasten am Automaten zu drücken.
- Ein „Gefühl“ dafür, wann große Gewinne kurz bevorstehen.
- Nutzen von besonders „glücklichen“ Tageszeiten oder „Glückssträhnen“.
- Meiden von Personen oder Situationen, die einem „Pech“ bringen.
- Umdeuten eines Verlustes auf einen „Fast-Gewinn“, z.B. wenn man knapp verloren hat.
Nicht jeder Spieler wird spielsüchtig, aber jeder Spielsüchtige hat einmal klein angefangen.
Bin ich spielsüchtig?
Zunächst sollte zwischen normalem Spielen, problematischen Spielen und pathologischem (süchtigem) Spielen unterschieden werden. Wenn Sie vermuten, dass Ihre Spielgewohnheiten bereits problematisch sind, helfen Ihnen folgende einfache Fragen weiter:
- Investiere ich einen Großteil meiner Freizeit ins Glücksspiel?
- Habe ich die Einsätze während der letzten Monate deutlich gesteigert?
- Habe ich meine Ersparnisse für das Glücksspiel verwendet?
- Neige ich dazu, mein Spielverhalten bzw. Verluste zu bagatellisieren?
- Hatte ich bereits Probleme in der Familie oder mit dem Partner aufgrund meiner Spielgewohnheiten?
- Verstecke ich das wahre Ausmaß vor meinen Angehörigen und Freunden?
Um abschätzen zu können, ob Ihr Spielverhalten bereits pathologisch ist, können Sie folgende Aussagen als Hilfe heranziehen. Bei mehr als zwei Zustimmungen sollten Sie Ihr Spielverhalten von einer professionellen Beratungsstelle abklären lassen:
- Ich spiele so lange, bis ich kein Geld mehr habe.
- Wenn ich verliere, empfinde ich das als persönliche Niederlage, die ich wettmachen möchte.
- Das Glücksspiel beherrscht meine Gedanken, ich spüre einen inneren Drang bald wieder zu spielen.
- Um das nötige Geld zu beschaffen, habe ich andere schon belogen und betrogen.
Darüber hinaus finden Sie hier einen Artikel zum Erkennen von Spielsucht. Werfen Sie auch einen Blick auf die Symptome der Spielsucht. Erkennen Sie bestimmte Merkmale wieder?
Spielsucht Heilungschancen
Eine Heilung ist aber immer, in jeder Phase der Spielsucht möglich. Ziel der Behandlung ist langfristige Abstinenz. Der Weg dorthin kann mühsam sein und dauert oft Jahre. Mehr Informationen zur Therapie der Spielsucht erfahren Sie hier.
Wie die meisten Suchterkrankungen entwickelt sich eine Spielsucht über Jahre hinweg. In allen Phasen der Erkrankung ist Hilfe möglich, die Heilungschancen steigen jedoch bei frühem Behandlungsbeginn.
Folgen der Spielsucht
Es ist das einfache Grundprinzip aller Glücksspiele: Langfristige Gewinne sind nicht möglich. Bei pathologischen Spielern stellen sich schon aufgrund der hohen Spielfrequenz zwangsweise Verluste ein.
Der durchschnittlich zu erwartende Gewinn ist bei Glücksspielen immer negativ. Das bedeutet, dass man beim einmaligen Spiel noch durchaus realistische Chancen auf einen Gewinn hat. Bei wiederholtem Spielen sinkt jedoch die Wahrscheinlichkeit auf einen (Gesamt-)Gewinn. Da pathologische Spieler aber sehr häufig spielen, haben sie praktisch keine Chance, langfristige Verluste zu vermeiden.
Früher oder später stellen sich große Verluste ein.
In den meisten Fällen können die finanziellen Einbußen nicht durch das normale Einkommen gedeckt werden, es müssen Kredite aufgenommen werden. Häufig wird Geld aus dem Freundeskreis oder der Familie geborgt, eine Rückzahlung ist aber bei bestehender Spielsucht kaum möglich.
Die finanziellen Verluste können existenzbedrohend sein, dies führt in der Regel zu Problemen mit dem Partner und der Familie. Im Verlauf der Spielsucht kommt es in vielen Fällen zu Scheidungen, Jobverlust und einem Rückzug aus dem bisherigen Freundeskreis. Begleitet wird dies von einem sozialen Abstieg und fehlenden Zukunftsperspektiven.
Die Spätphase der Spielsucht ist durch hohe Schulden, Hoffnungslosigkeit und depressiven Verstimmungen geprägt. Häufig kommt es zu einer Veränderung der Persönlichkeit, Angststörungen und Alkoholmissbrauch. Weitere Folgen können sein:
- Panikreaktionen
- kriminelles Verhalten, Beschaffungskriminalität
- Selbstmordgedanken
- Verlust der Selbstachtung, Scham, Aggressivität
- Fremdverwaltung des Vermögens
- Negative Auswirkungen auf Kinder
- DHS: Suchtmedizinische Reihe Band 6: Pathologisches Glücksspielen
- Meyer, Bachmann: Spielsucht - Ursachen, Therapie und Prävention von glücksspielbezogenem Suchtverhalten
- Batthyány, Pritz: Rausch ohne Drogen - Substanzungebundene Süchte
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